10 Antworten zum „Bausatz der Loyalität"

Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste in der Personalführung?


Zum Einen finde ich es wichtig, dass man Menschen gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen ist. Wer Menschen skeptisch gegenübersteht oder eine sehr vorsichtige, von Misstrauen geprägte Grundhaltung hat, sollte die Führung von Einzelpersonen und Teams besser anderen überlassen. Das Arbeitsleben hat immer mit Menschen zu tun – egal, wie digital wir auch aufgestellt sind. Wir agieren für und mit Menschen. Die Qualität unseres wirtschaftlichen Handelns wird bestimmt durch die Qualität unserer zwischenmenschlichen Beziehungen. Deshalb lautet eine wichtige Frage schon vor dem Schritt in die Personalführung: Gelingt es Ihnen, aufrichtige, emotional verbundene und belastbare Arbeitsbeziehungen aufzubauen und vorzuleben?


Darüber hinaus ist eine gesunde Portion Menschenkenntnis nicht nur hilfreich, sondern Voraussetzung. Nur wer den Menschen und sich selbst versteht, kann das volle Potenzial eines Teams – genauso wie das eigene – einschätzen und in vertrauensvoller Zusammenarbeit entfalten.


In einer Zeit, in der die Menschlichkeit gegenüber dem technologischen Fortschritt an vorderster Stelle steht, geht es genau darum: Wie denken und fühlen wir? Und warum verhalten wir uns so, wie wir uns verhalten? Menschen entscheiden sich für ein Unternehmen und verlassen es in der Regel aufgrund eines oder mehrerer Vorgesetzten. Das ist heute ein unbezahlbarer Preis für eine Firma und sollte sich nicht mehr geleistet werden. Bei aktuell zwei Millionen unbesetzten Stellen gehen die Unternehmen mit der größten Mitarbeiterorientierung und vorbildlichsten Führungsebene als Gewinner hervor.


Was verstehen Sie unter loyaler Führung?


Loyale Führung geht für mich von einer positiven Selbstführung aus – nur wer sich selbst führen kann, das heißt auf einem gesunden Niveau und bei gleichbleibender Qualität, sollte auch andere führen dürfen. Loyale Führung beginnt mit einer positiven, den Menschen zugewandten Haltung. Einer Haltung, die Menschlichkeit und Emotionen zulässt, die auf Verantwortungsgefühl beruht und von Hilfsbereitschaft und Güte geprägt ist. Loyale Führung findet somit auf Gefühls-, Haltungs- und Verhaltensebene statt und bedeutet im wahrsten Sinne Führen durch Vorbild. Damit agiert Loyale Führung wertebasiert auf den Grundpfeilern der Unternehmenskultur, die wiederum mit eigenen Werten kompatibel ist und dadurch mit wenig Aufwand einhaltbar und lebbar ist. Ich nenne es den „Bausatz der Loyalität“.


In Ihrem Buch haben Sie Loyale Führung mit Gärtnereigenschaften verglichen. Warum?


Als Gärtner und Gartenliebhaberin erkennen wir die Wichtigkeit und Unersetzlichkeit von biologischen Zyklen: Wir akzeptieren, dass nach einer fruchtbaren Zeit wieder Erholung und Erneuerung stattfinden müssen, damit die Pflanzen im kommenden Jahr wieder erblühen und Früchte tragen können. Wir erkundigen uns genau, was unsere Pflanzen brauchen, um zu wachsen und schaffen bewusst die Bedingungen für gutes Gedeihen. In Unternehmen müssen wir leider immer noch häufig feststellen, dass das aufrichtige Interesse an den Menschen verloren gegangen ist, und dass anstelle in eine tragfähige Führung und Unternehmenskultur zu investieren, vielerorts materieller Ersatz geschaffen wird. In meinen Augen ist das ein riskantes Vorgehen, das niemals ohne die erforderlichen Maßnahmen in der Führungs- und Personalentwicklung laufen sollte. 


Weshalb ist Loyalität so wichtig für das Fortbestehen eines Unternehmens?


Loyalität ist das eine Element, das alles verändert. Nachdem wir in den Managementbüchern der letzten 30 Jahre schon ausreichend über die Wichtigkeit von vertrauen gelesen haben, kommt mit der Loyalität ein wesentlicher Bestandteil für den zukünftigen Erfolg eines Unternehmen hinzu: das Commitment der Mitarbeitenden. Dies ist die Grundlage für die erfolgreiche gemeinsame Weiterentwicklung, weil es über ein flüchtiges Gefühlsempfinden oder eine stimmungsabhängige Bereitschaft zu Mehrleistung hinausgeht.


Wie soll Zusammenarbeit ohne loyales Commitment nachhaltig funktionieren? Wenn es an Loyalität fehlt, verliert ein Unternehmen nach und nach an Weiterentwicklung, Mitdenken, Zusammenhalt, Leistungsbereitschaft. Misstrauen und Kontrolle steigen an. Irgendwann ist eine Kultur des Gegeneinanders erreicht, die alles zum Stillstand bringt. Deshalb ist Loyalität ein enormer betriebswirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Wenn Menschen loyal zueinander sind, entfallen unnötige Diskussionen, wird Hand in Hand gearbeitet und es entsteht Raum für Weiterentwicklung und Wachstum.


Wie kann loyale Führung von Mitarbeitenden gelingen?


Loyale Führung gelingt, wenn Werte und die gemeinsame Mission über der Hierarchie und Fachkompetenz stehen. Hier gewinnen Haltung und eine gelebte, loyale Unternehmenskultur. Wenn loyale Führung durch Vorbild gelebt wird, können sich die Menschen leichter mit ihren Vorgesetzten und der Organisation identifizieren und folgen freiwillig. 


Was ist Ihre Empfehlung?


Für wechselseitige Loyalität ist ein wichtiger Bestandteil die kluge Verteilung von Verantwortung. Die Führungskraft ist nicht allein für die Ergebnisse verantwortlich, sondern alle Menschen im Team sollten Einblick in die Zusammenhänge bekommen und die Ergebnisse gemeinsam verantworten. Das entlastet den Einzelnen und stärkt den Gemeinschaftssinn. Darüber hinaus können wir uns im Arbeitsleben gegenseitig immer weiter ermutigen, bestärken und fördern. In meinen Augen kann man das gar nicht genug tun. Denn jeder mit einer loyalen Haltung, der zu mehr ermächtigt wird, wird wiederum andere Mitarbeitende darin unterstützen, ebenfalls weiterzukommen und kann andere mitziehen.


Welche Eigenschaften sollte eine loyale Führungspersönlichkeit haben?


Soziale Zugewandtheit und eine hohe Kommunikationsbereitschaft. Sie sollte Sinn stiften und Brücken zwischen Menschen und Ideen bauen, genauso wie zuhören können, mit der Absicht, zu verstehen. Wer als Führungsperson darüber hinaus noch eine starke Vorstellungskraft besitzt und diese für die gemeinsame Weiterentwicklung in Bilder, Gefühle und Botschaften übersetzen kann, wird das Team um sich herum weit schneller die Neugier und den Experimentierwillen entzünden und die Menschen so zu Befürwortern von Veränderung machen.


Was braucht es, damit Mitarbeitende mehr Selbstverantwortung übernehmen und initiativ werden?


Studien zufolge wollen 98,7 Prozent aller Menschen etwas zum großen Ganzen beitragen, sozial und empathisch sein. Auch wenn einige Menschen durch ungünstige Bedingungen oder Unwillen davon abgekommen sind, so glaube ich doch, dass ein Zugehörigkeitsgefühl und Sinnerleben wieder in diese Richtung führen werden. Nur wenn wir uns verbunden fühlen, können wir uns sicher fühlen. Die emotionale Verbindung macht stark und zuversichtlich. Wenn wir uns zugehörig fühlen, belohnt uns unser Körper mit der Ausschüttung von Serotonin, einem der Wir-Gefühl-Glückshormone. Wer Serotonin im Blut hat, bleibt in schwierigen Phasen eher loyal. Besteht keine Bindung und es wird ungemütlich, machen sich die Menschen aus dem Staub.


Weshalb ist emotionale Intelligenz für loyale Führung wichtig?


Wir Menschen erfassen die Welt mit allen unseren Sinnen. Je mehr Sinne aktiviert werden, desto höher ist die potenzielle emotionale Kraft. Es sind immer die Emotionen, die Menschen bewegen. Mehr noch: Was nicht emotional ist, ist für unser Gehirn weniger wichtig und wird eher vergessen. Diese Erkenntnis sollte genutzt werden, um viele Maßnahmen auf den emotionalen Prüfstand zu stellen. Woran machen Sie fest, dass Ihre Mitarbeitenden emotional verbunden sind?


Was war für Sie eine gute Führungsschule?


Neben meinen beruflichen und persönlichen Staffelläufen ist das Leben für mich die beste Führungsschule. Ich habe erkannt, dass ich immer genau die Herausforderungen vorgesetzt bekomme, die ich nötig habe, um mich weiterzuentwickeln – auf allen Ebenen. Als Mensch, als Frau, als alleinerziehende Mutter und als Unternehmerin. Das Leben fordert uns auf, hinzuhören und hinzuschauen. So ist nicht der bequemste Weg der „beste“, sondern der, der durch den (emotionalen) Schmerz führt. Erst, wenn wir ehrlich mit uns selbst sind und uns die eigenen Schattenanteile ansehen, können wir vom Außen nicht mehr überrumpelt werden. Wenn wir also mit den Resultaten unseres Handelns nicht zufrieden sind, sollten wir uns selbst, unser Denken und Handeln, überprüfen. Mir haben die Weiterbildungen im Coaching, zur Personalentwicklerin und NLP Trainerin sehr geholfen, meine Perspektive zu wechseln, mich zu verändern und für bessere Wege zu entscheiden.

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