Menschlichkeit als Zukunftskompetenz

Die Technologien in unserem täglichen Arbeitsleben werden immer leistungsfähiger. Doch je mehr Technologien wir einsetzen, desto wichtiger wird die loyale Zusammenarbeit unter uns Menschen. Hier kommen insbesondere die menschlichen Fähigkeiten, die die Grundlage für gelingende soziale Beziehungen und für tiefe zwischenmenschliche Interaktion bilden.


In den über 20 Jahren, in denen ich mit Kommunikation und Personalentwicklung nicht nur arbeite, sondern auch immer tiefergehender lerne, konnte ich acht menschliche Fähigkeiten identifizieren, die für uns bis heute und auch in Zukunft von hoher Bedeutung sind. Die ältesten und ursprünglichen Eigenschaften von uns Menschen zählen zugleich zu den wichtigsten Zukunftskompetenzen. Sie sind eng miteinander verwoben und beeinflussen sich gegenseitig. Wer sie als selbstverständlich hinnimmt, übergeht in meinen Augen den größten Schatz unserer Entwicklung. Ganz im Gegenteil sollten wir gerade jene Fähigkeiten gezielt trainieren und jeden Tag bewusst anwenden. Leider begegnen wir ebenso täglich Menschen, die nicht besonders stark darin sind, diese Menschlichkeit vorzuleben. Dabei sollte uns klar sein, dass die Degeneration dieser Fähigkeiten zu einem schrittweisen Verfall des Menschseins führen würde. 


Welche sind die wichtigsten menschlichen Fähigkeiten?


  1. Unsere Fähigkeit, Wertschätzung und Zuneigung zu empfinden und zu vermitteln: Wir sind und bleiben soziale Wesen und es ist ein Grundbedürfnis, Verbundenheit zu spüren.'
  2. Unsere Fähigkeit, Vertrauen zu empfinden und aufzubauen: Menschen vertrauen Menschen. Bis heute vertrauen wir vertrauenswürdigen Menschen mehr als vertrauenswürdiger Technologie. Zwischenmenschliche Beziehungen ohne Vertrauen führen weder zu echter Verbundenheit noch sind sie tragfähig.
  3. Unsere Fähigkeit, Empathie für uns selbst und andere zu empfinden und zu leben: Unsere Fähigkeit, die eigenen Bedürfnisse und Motive sowie die anderer Menschen zu erkennen und zu berücksichtigen, ist die Voraussetzung für situativ sinnvolle Entscheidungen und Handlungen. 
  4. Unsere Fähigkeit zur Intuition: Wir sind in der Lage, komplexe entscheidungsrelevante Informationen in einer Situation zu erspüren, selbst wenn sie subtil und nicht logisch sind, sofern wir uns erlauben, auf unser Bauchgefühl zu hören.
  5. Unsere Fähigkeit zur Kommunikation auf mehreren Sinnesebenen: Wir haben einen Körper mit fünf Sinnen. Deshalb können wir mehr kommunizieren als nur mit gesprochener Sprache. Wir sind in der Lage, Unausgesprochenes zu erfassen und auszudrücken – und sind damit deutlich wirksamer als es automatisierte Maschinensprache kann.
  6. Unsere Fähigkeit zur Resilienz: Wir können uns an unsere Umgebung anpassen und sind zu einer mehrdimensionalen Resilienz (z.B. mentale, körperliche, situative Widerstandskraft) fähig, die in dieser Komplexität nur wir Menschen beherrschen.
  7. Unsere Fähigkeit zur Selbstreflexion: Unsere Fähigkeit zur Selbstbeobachtung ermöglicht es uns, unser Denken und Handeln bewusst wahrzunehmen, zu reflektieren und selbst zu steuern. Dies ist eine komplexe Denkaufgabe, die ein Bewusstsein voraussetzt, das uns Menschen vorbehalten ist.
  8. Unsere Fähigkeit zum ethischen Denken und Handeln: Eine ausgeprägte Werteorientierung setzt Bewusstsein, Empathie und Zugehörigkeitsempfinden voraus. Dies ist unsere grundlegende Fähigkeit, um beim Einsatz von Technologien darauf zu achten, dass sich die Technologie in den Dienst von uns Menschen stellt und nicht umgekehrt.


Diese sozialen Kompetenzen formen im Zusammenspiel eine ausgeprägte „humane Intelligenz", die wir dauerhaft kultivieren müssen, um uns auch langfristig von technologischen Möglichkeiten zu unterscheiden. Da viele Faktoren in unserem alltäglichen Sozialverhalten zu einer fortschreitenden Degeneration unserer humanen Intelligenz führt (z. B. blicken wir mehr auf Bildschirme als in die Augen unserer Mitmenschen), wird unsere wertschätzende Zuwendung zueinander immer wichtiger. Während unsere vielfältigen digitalen Arbeitsmethoden und unsere virtuelle Kommunikation unsere Intuition nachweislich verkümmern lässt, brauchen wir umso mehr Training für unsere Fähigkeit zu Empathie und Selbstreflektion.
Hier sind wir alle gefragt, gegenzusteuern, um nicht "roboterhaft" im Alltag zu funktionieren und das Menschliche in uns verkümmern zu lassen.


Die Qualität unserer zwischenmenschlichen Beziehungen bestimmt unsere Lebensqualität - im Guten wie im Schlechten. 


Es ist schon ein bisschen ironisch: "AI is challenging us to be more human again.“ Die Fortschritte der künstlichen Intelligenz ersetzen unsere menschlichen Fähigkeiten nicht, sondern sollten sie sinnvoll erweitern. Um das Potenzial aufzugreifen, sollten wir in erster Linie unsere Sozialkompetenzen ausbauen und nutzen. 


Deshalb sehe ich im Aufbau und Ausbau unserer Sozialkompetenzen den größten Einfluss auf unsere lebenswerte Zukunft. Eine sehr passende Gelegenheit, das Menschliche ins uns zu stärken, bietet das Zertifikatsprogramm Loyale Führung (IHK). Hier werden Führungskräfte und Teams geschult, systematisch Loyalität aufzubauen, die wir in unserer Zusammenarbeit und darüber hinaus benötigen. Der 50 Unterrichtseinheiten umfassende Lehrgang wird um ein Erfolgsprofil sozialer Kompetenzen sowie einem zertifizierten Gutachten mit Entwicklungsempfehlungen ergänzt und ist als Inhouse Veranstaltung für Organisationen und einmalig als offenes Seminar für Einzelpersonen buchbar.

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