Warum Unternehmen Loyalität im Wertekodex brauchen

Führung nach dem Leitsatz „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, wie wir sie einmal gelernt haben, ist nicht mehr zukunftsfähig. Und doch nutzen viele Führungskräfte bis heute überzogene Kontrollmechanismen und merken gar nicht, welche negativen Auswirkungen ihr Verhalten hat – oder oft zu spät. Dann nämlich, wenn sie kompetente Mitarbeiter verlieren oder wenn Mitarbeiter von ihren Vorgesetzten so weit gedrosselt worden sind, dass sie sich selbst nichts mehr zutrauen, weil ihr Chef am Ende doch immer alles besser weiß und kann.


Was sind die Faktoren, über die Sie sich im Unternehmensalltag am meisten aufregen?

Lassen Sie mich raten!

  • Menschen kommen zu Ihnen, weil Sie Entscheidungen für sie treffen sollen, um die Sie sich aus Sicht der Aufgabenverteilung überhaupt nicht kümmern müssten.
  • Menschen liefern Ihnen kurz vor knapp unvollständige Unterlagen, im Vertrauen darauf – oder sollte ich lieber ‚aus Erfahrung’ sagen, dass Sie den Rest schon deichseln.
  • Alljährlich beim Team-Event wird erheiternd anschaulich auf Brüderschaft getrunken, nachdem auf den Fluren des Unternehmens zwischen der einen und der anderen Abteilung wochenlang Informationen unterschlagen und vielleicht sogar gemein über Einzelne gehetzt wurde, sagen wir, kalter Krieg herrschte.


Weitere Beispiele?


Das Problem dabei ist, dass das Letzte ist, was ein Mitarbeiter tun wird, der sich vorm Chef keine Blöße geben will, gewagte Ideen oder mutige, neue Herangehensweisen für Problemlösungen in den Raum zu stellen. Das ist der wesentliche Grund, warum Vertrauen im Zeichen der Freiheit als Leadership-Bestandteil unverzichtbar ist. Denn Freiheit ohne Vertrauen erzeugt Angst. Diese Abhängigkeit von Weisung und Kontrolle wird damit zum Verhängnis – trotz aller guten Absichten. Und das für beide Seiten.


Gute 20 Jahre, nachdem Managementvordenker Malik 200 diese Ursache-Wirkung-Problematik beschrieb, unterhalten wir uns immer noch darüber, dass Vertrauen nötig ist, damit wir agil werden und wirken können. Denn Agilität ist nur machbar, wenn Führungskräfte bereit sind, Verantwortung abzugeben – das setzt Vertrauen voraus. Und das soll jetzt nicht heißen, dass alle Kontrollen überflüssig werden. Ein Vertrauenssystem funktioniert nicht ohne Kontrollen, allein schon deshalb, weil Trittbrettfahrer sonst leichtes Spiel haben und sich die engagierten Mitarbeiter als gutmütige Trottel fühlen würden. Für Loyalität, die sich aus Vertrauen entwickelt, braucht es schließlich auch Fairness. Studien belegen, dass eine loyale Kultur nur dann fair ist, wenn klare Strukturen vorgegeben sind, an die sich alle halten müssen. Und natürlich hilft Kontrolle, um Schwachstellen früh erkennen und optimieren zu können. 


Kommen wir zur entscheidenden Frage:
Wenn Vertrauen führt – welche Führung führt dann zu Vertrauen?


Nicht immer sind es die großen Krisen oder die medienwirksamen Pleiten, die das Vertrauen in die Unternehmen, in die Führungsqualität und die Loyalität zum Management zerstören. Viel öfter sind es die unzähligen kleinen Einzelfälle, die das Vertrauen der Mitarbeiter und deren Loyalität zur Führungskraft dramatisch verringern.


Flacher werdende Hierarchien schauen, oder auch Projektarbeiten mit Führungskräften auf Zeit, machen es notwendiger denn je, dass Vertrauen und Loyalität durchgehend gelebt werden. Und die gelebte Kultur hängt maßgeblich von der verantwortlichen Person, der Führungskraft ab. Damit sind wir bei dem zentralen Einflussnehmenden auf eine loyale Kultur angelangt: der Chefin oder dem Chef.


Ich habe noch einen weiteren Punkt für Sie mitgebracht: Wo man hinschaut und hört, ist die Rede davon, Potenziale zu heben. Mal ganz ehrlich, wenn Sie seit 20 Jahren unterwegs sind, um verborgene Schätze aufzuspüren und nicht erkannte Qualitäten Ihrer Mitarbeiter zu fördern... wie viel, glauben Sie, ist an den bewährten Ausgrabungsstätten noch zu holen?


Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Unternehmen und Menschen, die noch mehr Potenzial zur Entfaltung bringen wollen, heute darauf angewiesen sind, auch im trüben Teich zu fischen. Es braucht eine Führungskultur und Menschen, die bereit sind, in den dunklen Keller zu steigen und dort die eine oder andere Schatzkiste zu öffnen. Was meine ich damit?


Potenziale liegen da, wo bisher keiner hinschauen wollte


Ich spreche von den Tabus, den oftmals totgeschwiegenen Details, die Sie und Ihre Mitarbeiter zwar vermuten, sich aber dennoch nicht auf den Weg dorthin gemacht haben.


Fangen wir mit etwas Leichtem an: der Kultur des Fehlermanagements. In Unternehmen, in denen es als Verstoß gehandelt wird, einen Fehler zu machen, werden die kreativen, innovativen Denker und Tüftler ihres natürlichen Experimentierverhaltens beraubt. Ohne Ausprobieren, keine neue Lösungen!


Doch um Loyalität entstehen zu lassen, braucht es auch tiefergehende Verbundenheit. Während Vertrauen ein zwischenmenschliches Verhältnis beschreibt, ist die daraus resultierende Loyalität sowohl eine Einstellung, also eine Haltung zum Menschen, zum Team und zum Unternehmen, als auch ein Verhalten. Die einstellungsbasierte Loyalität beruht auf einem organisationalen Commitment, einer starken Akzeptanz der Ziele und Werte des Unternehmens sowie auf dem emotionalen Bedürfnis des Mitarbeiters, Teil dieses Unternehmens zu sein, weil das Team harmoniert, weil eine Kultur des Miteinanders herrscht.


Loyalität als Verhalten beschreibt die Beziehung eines Mitarbeiters dem Unternehmen gegenüber als bewusste Entscheidung, sich dem Unternehmen verbunden zu fühlen und ihm demnach treu zu bleiben. Dabei kann das Loyalitätsverhalten sowohl aktiv im Handeln und in der internen Unterstützung ausgeprägt sein als auch aktiv, beispielsweise durch Zurückhaltung und Geduld, wenn etwas nicht nach dem eigenen Ermessen passiert, und der Entscheidung gegen einen Arbeitgeberwechsel.


Die Auswirkung loyaler Mitarbeiter zeichnen sich in geringer Fluktuation und dadurch niedrigerer sekundärer Personalkosten aus. Auch die Abwesenheitszeiten werden durch loyale Mitarbeiter gesenkt. Die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen fördert die Akzeptanz der Mitarbeiter. Im positiven Sinn äußert sich die Loyalität in einer höheren Performance, sprich einer verbesserten Unternehmensleistung. Die langfristige Mitarbeiterbindung hält das unternehmensspezifische Wissen in der Organisation und das zuverlässige Engagement der Mitarbeiter steigert die Leistungsfähigkeit des Unternehmens auch nachhaltig, was damit den Unternehmenswert steigert. Durch eingespielte Teams wird eine höhere Effektivität erreicht und die positive Arbeitseinstellung macht sich Kunden gegenüber bemerkbar. Das daraus resultierende positive Arbeitgeberimage erleichtert die Personalsuche und schafft Wettbewerbsvorteile.


Es kommt darauf an, wie die Führungskraft ein gemeinsames Wertebewusstsein im Team und mit dem Team entwickelt. Deshalb ist es für Unternehmenslenker und für jede Führungskraft wichtig, sich die Auswirkungen des eigenen Handelns bewusst zu machen. Mitarbeiterführung und Verantwortung sind untrennbar miteinander verwoben. Eine Führungskraft, die ihrer Bezeichnung durch eigene, regelmäßige Reflexion alle Ehre macht, wird in ihrer Vorbildfunktion wahrgenommen und nachgeahmt. Wichtig ist auf der einen Seite eine klare Positionierung. Und gleichzeitig impliziert diese Instanz den Willen, sich mit anderen Perspektiven und Meinungen zu beschäftigen, wenn es dem Wohle aller dient.


Wenn Sie sich jetzt fragen, wie Sie mehr Loyalität in Ihre Führung und in Ihre Reihen bringen, dann hinterfragen Sie für sich einmal die Begriffe „Unternehmenskultur“, „Ethik“ oder „Werteorientierung“. Sie sind in meiner Erfahrung in den meisten Unternehmensleitlinien zu lesen und doch wird die Arbeitskultur im Alltag meistens anders gelebt. Wie sieht das bei Ihnen aus? Merken Sie die Unterschiede in der gelebten Kultur innerhalb verschiedener Teams? Was machen die Führungskräfte mit gut funktionierenden Teams anders als die anderen? Wofür wird mehr Zeit investiert, und wofür weniger?


Indem Mitarbeiter durch ihre eigene Motivation (Wollen) und Führungskompetenz (Können) geführt werden, wird das das Vertrauen und das Sicherheitsgefühl fördern. Daraus resultiert, dass die Führungskraft auch emotional akzeptiert wird und an Loyalität seitens ihrer Mitarbeiter gewinnt.


Wenn in unseren Unternehmen die Loyalität herrschte, wären alle zufriedener, im engeren Austausch und produktiver.


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