Warum Angst die Führung behindert - und wie Sie frühzeitig darauf reagieren

Mit der Angst ist es ein bisschen wie mit Misserfolgen. Erwartet man erst einen schlechten Ausgang, erfolgt er oft auch prompt. Aus diesem Grund ist der bewusste Umgang mit Sorgen, Ängsten, Befürchtungen oder wie wir kritische Zukunftsprognosen auch nennen mögen, von großer Bedeutung. Auf die Arbeitswelt bezogen können wir oft beobachten, wie sich Pessimismus innerhalb von Teams breitmacht. Wo anfangs ein Skeptiker war, werden teilweise ganze Arbeitsgruppen in ein Stimmungstief gezogen. Und wenn Führungskräfte nicht in der Lage sind, dies frühzeitig zu bemerken und zu stoppen – oder sogar selbst zu den Bedenkenträgern gehören, brechen sich diese Emotionen früher oder später Bahn und lähmen die Leistungsfähigkeit ganzer Einheiten. Dabei gehört Angst zum Leben dazu und hat seine berechtigte Aufgabe. Nur leider wissen viel zu wenige Menschen aktiv mit diesem Gefühl umzugehen – was gerade in der Führung fatal ist.


Eine der Kernängste von Führungspersönlichkeiten ist die Angst vor dem Versagen. Auf der einen Seite erwarten sie von ihren Mitarbeitern stetigen Einsatz und ergebnisorientierte Arbeit. Auf der anderen Seite entsteht gerade dadurch häufig Ängste auf beiden Seiten. Die Führungskraft selbst erlebt sich als zu streng und hadert mit der eigenen Leistungsfähigkeit im Vergleich zu ihren Anforderungen ans Team.

 

Und bei den Mitarbeitern werden Ängste hervorgerufen, wie:
•    „Entsprechen meine Leistungen den Anforderungen, die an mich gestellt werden?“
•    „Ist das, was ich leiste, gut genug?“
•    „Kann ich da noch mithalten?“


Dahinter steht die Frage des Selbstwerts einer jeden Person:  „Bin ich gut genug?“ ist ein flächendeckender „Angstvirus“ unserer Zeit. Auch die schnelle technologische Entwicklung nimmt Einfluss darauf, denn das Tempo, mit dem die Technologie unser Leben mehr und mehr einnimmt, setzt uns vor ganz neue Herausforderungen auf Verhaltens- und Einstellungsebene.


Was nicht beachtet oder verdrängt wird, wird größer


Wer sich viel erarbeitet hat, hat auch viel zu verlieren. Dies trifft gerade auf Führungskräfte zu, die weder ihren Ruf, ihre Stelle, noch ihren Lebensstandard riskieren wollen. Dazu kommt noch die Angst vor der Sinnlosigkeit. Wenn von Führungskräften eines erwartet wird, dann ist es die Identifikation mit ihrer Aufgabe, ihrem Team und dem Unternehmen. Schließlich wird eine Vorbildfunktion ausgeübt! Obwohl die meisten Menschen in Führungsfunktion viel Energie und Kraft investieren, um besser zu sein und besser zu werden als andere, bringt die Identifikation mit ihrem Job auch einen Nachteil für die Stellenhabenden mit. Sie fokussieren sich mehrheitlich zu sehr auf ihren Beruf und lassen wichtige andere Säulen für ihre innere Stabilität und ihr Leistungsvermögen außer Acht – wie zum Beispiel Hobbies, bewusste Familienzeit, stärkende Netzwerke. Kommen diese Energiequellen über längere Zeit zu kurz, fehlt mit dem Ausgleich auch die Ausgeglichenheit der Führungskraft. Wer sich dann noch im beruflichen „Haifischbecken“ wiederfindet, sieht sich oft hilflos ausgeliefert. Die Angst vor einem beruflichen und/oder gesellschaftlichen Abstieg wächst mit jeder Stufe auf der Karriereleiter.


Angst bremst – Handlungsoptionen machen frei 


Wer Ängste strategisch verdrängt, wird sich vermutlich im Teufelskreis immer größer werdender Verstrickungen wiederfinden. Daher empfehle ich Führungskräften, sich intensiver mit den eigenen Stärken zu beschäftigen und sich anbahnende Herausforderungen so frühzeitig wie möglich zu beleuchten. In welchem Rahmen das stattfinden kann, ist eine Frage der Unternehmenskultur. Gibt es ein Format, in dem offen über zukünftige Entwicklungen gesprochen wird und Fragen, Hemmnisse offen ausgesprochen werden dürfen?


Unternehmen, die die Wichtigkeit emotionaler Impulse als Antreiber für Lösungen und als Frühwarnsystem erkannt haben, lassen solche Themenformate längst aufgreifen und extern moderieren. So wird eine Plattform für Sorgen geschaffen, negative Assoziationen können betrachtet und bewertet werden, so dass neue Chancen identifiziert und ergriffen werden können. Gerade als Teamformat kann diese Vorgehensweise wahre Wunder bewirken. Denn längst ist die Zeit vorüber, in der Führungskräfte die Last der Komplexität allein auf ihren Schultern tragen mussten. Werden bestimmte Entscheidungen von mehreren Köpfen gemeinsam getroffen, verringert das den Druck auf den Einzelnen und stärkt den Teamgeist.
Der Benefit des offenen Gespräches wirkt auf das ganze Team, denn oft genug stellt sich heraus, dass die Ängste sowohl der Führungskraft als auch der Mitarbeiter schnell ausgeräumt und dass positive Entscheidungen aus dem Gruppenkonsens (und manchmal auch -konsent) heraus getroffen werden können. Was wieder der unumstößlichen Erfahrung gutgeschrieben werden kann: Angst ist durchaus ein guter Ratgeber.


So geht Mut: Ängste reflektieren und Lösungen eruieren


Manchmal tut es gut, in geschützter Atmosphäre mit einer Außenstehenden zu sprechen. Einfach mal losgelöst vom Alltagsdruck die eigenen Gedanken auszusprechen – dafür bin ich da! Lassen Sie uns darüber reden!

Vorheriger

Female Leadership: Worin unterscheiden sich Frauen in der Mitarbeiterführung?

Wissenschaftler legen dar, dass die Charakteristika von Frauen und der Rolle als Führungskraft nicht miteinander vereinbar seien und sehen darin den G...
mehr erfahren
Nächstes

Warum wir aus Gesprächen wieder echten Dialog machen sollten

Wer in einem Gespräch, einem Konflikt etwas Absolutes voraussetzt, zerstört die Selbstverantwortung. Was originär Orientierung und Halt bieten soll, f...
mehr erfahren