Warum ich hauptsächlich mit Männern zusammenarbeite

Warum ich hauptsächlich mit Männern zusammenarbeite? Diese Frage könnte ich leicht beantworten, indem ich sage, dass in den Führungspositionen bis heute zu 80 Prozent und mehr Männer arbeiten. Das wäre ein Aspekt, doch längst nicht der wichtigste. Vielmehr ist die Fragestellung, worin sich der männliche vom weiblichen Coachee, also dem Hilfe Suchenden, unterscheidet. Welche Problemstellungen bringt er mit? Welche Fragen möchte er beantworten? Welches Geschlecht bevorzugt der Fühungsmann bei der Auswahl seines Coaches, Trainers, Mentors oder Sparringpartners?


Meine Erfahrung ist, dass Männer in der Regel männliche Coaches bevorzugen – mit einer großen Ausnahme: Sobald bei den männlichen Führungskräften weiche Themen, wie Probleme in der Führung von Mitarbeitergesprächen auftauchen, wird eher ein weiblicher Coach gewählt. Warum? Weil Frauen mehr soziale Kompetenzen zugesprochen werden. Und bei mir kommt noch die jahrzehntelange Erfahrung als Kommunikationswirtin, Coach als zertifizierte Personalentwicklerin dazu.


Fakt ist, wenn jemand wissen möchte, wie in der Männer dominierten Business-Welt mit weichen Kulturfaktoren wie Haltung, Vertrauen und Loyalität geführt wird, ist es sinnvoll eine kompetente Frau als Coach bzw. Mentorin auszuwählen. Als Frau kann ich sowohl aus der Praxiserfahrung als Führende wie auch als Geführte erklären, warum sich eine Mitarbeiterin so verhält, warum sie sich bedroht fühlt oder warum sie in die Opferrolle schlüpft. Als wahrnehmungssensible Frau kann ich die Intensität der Emotionen fühlen, spüren und interpretieren. Deswegen weiß ich die Welt an der unternehmerischen Basis zu deuten, zu beschreiben und für die Chef-Welt zu übersetzen. 


Im europäischen Vergleich schneidet Deutschland mit dem Frauenanteil in Führungsrollen eher schlecht ab. Das bedeutet, dass ein Großteil der Führungspositionen nach wie vor von Männern vergeben wird. Frauen in der Führungsrolle sind in höheren Positionen also zwangsläufig von Männern umgeben. Und das macht es doppelt schwierig, wie zahlreiche neurologische Studien beweisen: Männer stellen eher Männer ein. Auch wenn ich das nicht gut finde, ist es eine Tatsache. In meiner beruflichen Praxis spreche ich sehr oft mit Personalleitern, Geschäftsführern und Vorständen mittelständischer Unternehmen und bekomme die Aussage zu hören: „Wir würden ja gern Frauen auf unsere offenen Führungspositionen einstellen, doch wir bekommen kaum Bewerbungen von Frauen.“ Und hin und wieder wird dies begründet: „Bei uns herrscht ein robuster Umgang, das ist nichts für eine Frau.“ Diese Aussagen machen mich hellhörig, lassen mich wach werden. Aus eigenem Erleben verstehe ich diese Mutmaßung und begrüße gleichzeitig die Anfragen von Führungskräften, die für sich, für ihr Team und für ihr Unternehmen in eine neue Haltung und Führungsrolle hinein wachsen wollen. 


Ich habe am eigenen Leib als Mitarbeiterin und Führungskraft in der Sandwich-Position erfahren, nach welchen Regeln die Männer dominierte Führungswelt spielt. Wer könnte Ihnen besser die unterschiedlichen Positionen und Interessen erklären, als ein Mensch wie ich, der alle Stationen durchlaufen ist, vom Fünf-Personen-Betrieb bis zum Konzern? Als Managementberaterin und Coach lese ich nicht nur die Körpersprache, die Gestik und die Mimik meines Gegenübers. Nein, ich assoziiere, ich sauge die unterschiedlichen Kommunikationsebenen auf. Mein Instinkt leitet mich, doch meine Intuition nimmt auch das wahr, was niemals gesagt oder anderweitig öffentlich ausgedrückt wird. Ich habe verstanden, dass die interne Rangfolge im sozialen Verbund erhalten werden muss. Ich kann sie erkennen und mich für die unterschiedlichen Rollen in diesem Zusammenspiel positionieren. Diese Feinheiten und oft versteckten Interaktionen zu spüren und richtig zu deuten, bringt jedes Mal Aha-Effekte bei meinem Gegenüber. Gleichzeitig schaffe ich den Rahmen, in dem es gelingt, sich als Führungsmensch zu öffnen. Noch immer wird uns beigebracht stark, unabhängig und erfolgreich zu sein. Doch mittlerweile entscheiden gänzlich andere Einflussfaktoren über wirksame Führung. Das Portfolio des Erfolgs wird in der Zukunft bestimmt von einer Kombination aus sozialer Kompetenz, Mut, Haltung und Loyalität.


Umfangreiche Studien belegen, dass sich die persönliche emotionale Intelligenz durch Sensibilisierung deutlich steigern lässt. Ich lade Sie ein, Ihre Führungspersönlichkeit neu zu definieren und zu formen.

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