Herwig Kummer ist Personalmanager beim Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touring Club (ÖAMTC) und damit federführend für die Entwicklung und Pflege der Organisationskultur und der Arbeitgebermarke verantwortlich. Mit seinem Engagement für wirkungsvolle Personalarbeit ist es seine Aufgabe, ganzheitlich und integriert Recruiting, Personal- und Organisationsentwicklung in die laufende Business-Entwicklung einzubinden.
Als „Gelber Engel“ beschreitet er gern auch mal ungewöhnliche Wege, wenn sie dem Entwicklungsziel dienen.
Mit seinen 20 Jahren HR-Erfahrung arbeitet der Betriebswirt konsequent daran, Menschen, Technik und Business in Einklang zu bringen.
Über seine Arbeit, seine Ideen und Erfahrungen bloggt er unter www.personaleum.at
Agilität ist alt geworden, schreiben Sie in einem jüngeren Blog-Beitrag, und dass alles komplexer wird. Brauchen Unternehmen aus Ihrer Sicht in einer nicht vorhersehbaren Zukunft noch Führungskräfte?
Gerade in einer nicht vorhersehbaren Zukunft braucht es starke Führung, im Sinne von Vision und Ausrichtung. Jeder Mensch braucht Orientierung, um wirksam werden zu können. In Organisationen oder generell Zusammenarbeits-Settings kann Führung diese Orientierung anbieten.
Allerdings wird der tradierte Automatismus in Organisationen, dass Führung durch eine Führungskraft erledigt wird, in Zukunft immer seltener gelten. Führung kann von Teams genauso wie von Einzelnen wahrgenommen werden. Und Führung kann themenabhängig mal bei einer und dann wieder bei einer anderen Person liegen. Und in manchen Fällen wird es auch in Zukunft sinnvoll sein, dass es eine Führungskraft gibt, die diese Führungsarbeit leistet.
Zu einer selbstführenden Organisationsform können heutige Unternehmen nur werden, wenn sie ihre Fehlerkultur und ihre Lernkultur revolutionieren. Wie kann das genau aussehen?
Unternehmenskultur generell – dazu gehören auch Fehler- und Lernkultur – kann nicht revolutioniert werden. Kultur entsteht immer wieder neu in der täglichen Zusammenarbeit und folgt den Umständen und Rahmenbedingungen in der Organisation.
Unternehmen können und sollen ihre Kultur dahingehend pflegen, dass mit Fehlern konstruktiv umgegangen werden kann und Lerneffekte daraus erzielt werden. Was es dazu braucht, ist ein offenes, ehrliches Kommunikationsklima sowie ein Umfeld, in dem man sich Zeit und Energie für Reflexion nimmt (und nehmen darf).
Welche erste Schritte können Personalverantwortliche heute unternehmen, die jetzt etwas ändern wollen?
Mir fällt das der Spruch ein: „Wer hohe Türme bauen will, sollte lange beim Fundament verweilen.“
Der erste Schritt sollte eine klare Vision sein, wohin die Reise führen sollte und wozu man diese Reise antreten möchte.
Ich glaube, das ist der schwierigste Schritt von allen – vor allem, weil es nicht nur die Klarheit für einen selbst braucht, sondern auch die Überzeugung des Managements, dass diese Reise sinnvoll und richtig ist.
Sobald das geschafft ist, ergeben sich die weiteren Schritte (fast) wie von selbst.
Wie können Führungskräfte sich auf die neuen Herausforderungen vorbereiten, um auch morgen noch Mitarbeitende zu begeistern und mitzureißen?
Führungskräfte brauchen für ihre Arbeit sicher eine höhere Fitness als in den letzten Jahrzehnten, v.a. hinsichtlich Ausdauer und (Überzeugungs-)Kraft. Letztlich wird auch in Zukunft Führung die Arbeit mit Menschen bedeuten, um die unterschiedlichen Talente und Stärken aller Mitwirkenden bestmöglich zu nutzen und zu integrieren.
Mit anderen Worten: die Managementkomponente wird verstärkt durch das Team wahrgenommen, die Beschäftigung mit den individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten sowie deren Ausrichtung auf eine gemeinsame Vision wird deutlich an Bedeutung gewinnen.