Motiviert von der Überzeugung, dass starke und erfolgreiche Organisationen auf exzellenten Führungskräften basieren, hat sich Dr. Stefan Bartling von 2005-2007 an der European Coaching Company zum internationalen Business Coach ausbilden und zertifizieren lassen, und ist Transition Coach des European Mentoring & Coaching Councils. Die Kombination aus fundierten, u.a. naturwissenschaftlichen Ausbildungen, internationaler Führungserfahrung und zahlreichen Coachings fließt seit 2011 in seine Firma BARTLING coaching training consulting ein. Mit Fokus auf die Entwicklung von Führungskompetenzen, Performance und Erweiterung der Führungswirksamkeit coacht, unterrichtet und berät Dr. Bartling Einzelpersonen, Teams und Organisationen auf Deutsch, Englisch und Dänisch.
Sie schreiben an einem Buch zum Thema Führungskraft als Coach. Wie müssen Vorgesetzte Ihrer Meinung nach heute agieren, um das Team in die richtige Richtung zu leiten?
Oft sind Führungskräfte noch mit der Haltung unterwegs, die Führung von Mitarbeitern sei eine Nebentätigkeit. Sie besteht dann oft aus Anweisungen, basierend auf technischer Fachkompetenz und hierarchischer Rangfolge. In meiner Beobachtung beginnt gute Führung mit einer ausgeprägten Fähigkeit zur Selbstreflektion. Als Führungskraft solle ich mir mehrmals täglich die Frage stellen, wie meine Rolle von außen wahrgenommen wird, welche Führungsaktivitäten meinen Mitarbeitenden Freiraum und Entwicklung lassen, aber auch, wann ich klare Entscheidungen und Konsequenzen treffen und kommunizieren muss. Die coachende Rolle der Führungskraft ist kein modernes Allheilmittel oder Führungsmode. Dennoch kann Coaching in vielen Situationen und bei vielen Mitarbeitern ausgesprochen gewinnbringend, motivierend und entwickelnd eingesetzt werden, ohne dass klare Organisationsziele dabei außer Acht gelassen werden.
Ein weiterer Punkt der Selbstreflektion ist es, ein Bewusstsein für die Signalwirkung der eigenen Kommunikation in der Führungsrolle zu entwickeln, frei nach der Aussage, „man kann nicht nicht-kommunizieren“.
Sie legen den Schwerpunkt auf Mitarbeiterkommunikation. Welche Kommunikationsinstrumente und –wege sind aus Ihrer Sicht unerlässlich?
Ich halte mich selbst gern an Grundaussagen wie ‚Nicht annehmen, sondern verifizieren’. Wir kommen im Führungsalltag schon sehr weit, wenn wir ein paar Grundlagen der Kommunikation beherrschen und kontinuierlich verbessern. Dazu gehören aktives Zuhören, eine ausgeprägte Feedbackkultur und ein coachender Führungsstil nach dem Motto ‚Wer fragt, führt‘. In Kombination können diese Elemente sehr positiv zur Mitarbeiterentwicklung und Motivation beitragen, ohne dass ein Mehr an Ressourcen erforderlich wird. Insbesondere der Coaching-Aspekt sollte mehr Aufmerksamkeit bekommen, da die richtigen Fragen die Grundlage einer strategisch wirksamen Gesprächsführung sind. Die Führungskraft als Coach bedeutet, nicht alles selber lösen zu müssen, sondern dem Gegenüber, hier den Mitarbeitenden, zu ermöglichen, Potenziale zu erkennen, zu entfalten und sich dadurch weiter zu entwickeln.
Welche Form des internen Informationsaustausches empfehlen Sie persönlich?
Eine Kombination aus formell und informell ist immer hilfreich. Erfolgreiche Unternehmen, die ich beobachtet und mit denen ich gearbeitet habe, legen großen Wert auf eine klare und regelmäßige Kommunikation von Zielen, Zielerreichung, Erfolgen, aber auch Herausforderungen und Rückschlägen. Das erfordert, dass Führungskräfte sichtbar sind und auch selbst kommunizieren. Ob live in Town Halls, über Mails oder Blogs, eine Kombination wird von den meisten Mitarbeitenden sehr geschätzt. Neben geregeltem Informationsaustausch gilt nach wie vor, dass auch sehr kurze, persönliche Gespräche sehr produktiv sein können. Eine kurze Intervention nach einer Beobachtung als positives oder konstruktives Feedback – je mehr die Kommunikation ‚live und in Farbe‘ stattfindet, desto besser.
Ein weiterer Schritt des Informationsaustausches, den ich Führungskräften und Teams empfehle, ist das ‚Buddy Coaching‘: Dabei sucht man sich einen Partner, dem man vertraut, der aber bevorzugt eine andere Fachkompetenz besitzt und idealerweise auch als Person anders tickt. Mit diesem Buddy führt man, regelmäßig und bei Bedarf, Coachings durch, um bestimmte Situationen oder auch Aufgaben mit einer Außenperspektive zu reflektieren.
Welche Maßnahmen sind nach Ihrem Ermessen nötig, um als Unternehmen für die Zukunft aufgestellt zu sein?
Digitalisierung, Disruption, Megatrends, Work 4.0, aber auch eine sich ändernde Demografie mit Millenials und digital Natives sind Entwicklungen, die neue Anforderungen an moderne Organisationen und Arbeitsplätze stellen und gleichzeitig viele Möglichkeiten bieten. Während Veränderungen in immer kürzeren Abständen erfolgen, besteht die Gefahr, dass der Mensch nicht hinterherkommt. Die Auswirkungen sind bereits deutlich sichtbar, unter anderem in den jüngsten Zahlen zum Krankenstand, weil Arbeitnehmer immer häufiger wegen Überlastung und Erschöpfung ausfallen. (Die Anzahl der Fehltage stieg nach Angabe des Bundesgesundheitsministeriums von 2012 bis 2016 von 19,97 Millionen auf 30,53 Millionen.) Unternehmen sollten daher nicht nur Veränderungen von Prozessen managen, sondern insbesondere auch die mit Change einhergehende Transition, der emotionalen Reaktionen der Mitarbeitenden auf Veränderungen und Entwicklungen.