Wie können Unternehmensnachfolgerinnen in ihre neue Rolle wachsen?

Nadja Forster hat eine Mission: Unternehmensnachfolgerinnen bei den wichtigsten Herausforderungen zu unterstützen. Seit 12 Jahren berät sie kleine und große Unternehmen in Personal-, Mitarbeiter- und Führungsfragen und hat als Coach Frauen dabei geholfen, ihren Herzensweg zu finden und zu gehen.

Genau diese Erfahrungen in der Unternehmensnachfolge hat sie gebündelt und stärkt Frauen während der oft schwierigen und emotionalen Übernahmephase. Sie begleitet Nachfolgerinnen im Entscheidungsprozess, moderiert schwierige Konfliktsituationen und unterstützt die Frauen als Coach und Mentorin bei allen Fragen rund um den zukunftssicheren Nachfolgeprozess.

Unternehmensübernahmen sind heute oft das neue Gründen. Wie erleben Sie diese Prozesse?


In meiner Arbeit geht es speziell um die Unternehmensnachfolgerinnen, die entweder familienintern das Business übernehmen oder eine externe Übernahme anstreben. Dabei ist es sehr oft der Fall, dass diese bereits vorher als Angestellte im Unternehmen tätig sind.

Während der Begleitung fallen mir folgende spannende Aspekte am häufigsten auf:
Obwohl es vorher - oftmals über einen längeren Zeitraum - klar war, dass es zu dieser Wechselsituation kommt, erlebe ich bei sehr vielen Kundinnen eine plötzlich auftretende Überforderung der Situation. Sie haben sich natürlich Gedanken über die neue Rolle gemacht, sie haben sich vorbereitet, doch dann eines Tages tatsächlich in der neuen Funktion als Chefin zu stecken, ist für die meisten wie ein kurzfristig auftretender Schock. Denn auf einmal ist man für alles verantwortlich, man wird zu allem gefragt, Entscheidungen werden von der ersten Sekunde an erwartet. Dazu darf man die Dauerbeobachtung, unter der man als neue Führungskraft steht, nicht unterschätzen.

Eine weitere große Herausforderung ist, dass nicht immer alle Mitarbeiter von der Neubesetzung der Chefposition überzeugt sind und sie anzweifeln. Das passiert auch mit Mitarbeitern, von denen man es nie gedacht hätte. Torpedierungen, falsche Stimmungsmache, Verweigerung oder auch Kündigungen können dann folgen, denen sich die neue Führungskraft stellen muss.


Welche Empfehlungen geben Sie den neuen Führungskräften mit auf den Weg?


Als wichtigste Handlungsempfehlungen sehe ich:

    •    Einen kühlen Kopf zu bewahren, sich immer wieder sortieren, reflektieren und Prioritäten setzen.
    •    Mit den direkten Mitarbeitern offene, sachliche Gespräche zu führen.
    •    Die eigene Vision und eigenen Ziele klar und transparent zu kommunizieren.
    •    Trotz möglicher erwarteter Handlungen und Entscheidungen den Mut zu haben, das Unternehmen oder die Abteilungen mit der neuen „Chefbrille“ nochmals neu kennen zu lernen und viel zu beobachten, um sich ein ganzheitliches Bild zu machen.
    •    Nicht sofort in überstürzten Aktionismus verfallen, sondern sich die Zeit zu nehmen, die Anfragen und Bitten der Mitarbeiter anzuhören und ein Stück weit zu sammeln, um dann fundierte und zielgerichtete Entscheidungen zu treffen.
    •    Fehler für sich selbst auch zuzulassen.


Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach die interne Kommunikation dabei?


Aus meiner Sicht spielt die interne Kommunikation eine sehr große Rolle. Sobald Entscheidungen bezüglich einer Nachfolge getroffen und im weiteren Verlauf feste Zeitpunkte vereinbart wurden, sollten alle Betroffenen informiert werden. Mitarbeiter bemerken es, wenn etwas geplant wird oder altersbedingt Nachfolgen anstehen. Es sei denn, es passieren sehr überraschende Wechsel. Aber auch da geraten Mitarbeiter mitunter in eine Schockstarre, aus der sie mit planvollen Kommunikationsprozessen wie beim Change Management herausführen kann.

Erfolgt zu wenig Kommunikation, entstehen mehr Gerüchte, als den Nachfolgern lieb ist. Daraus resultiert eine extreme Unsicherheit bei den Mitarbeitern, die sich wiederum auf die Arbeitsleistungen und Ergebnisse auswirken. Bleibt die Unklarheit weiter bestehen, leiden im längeren Verlauf die Kundenerlebnisse und irgendwann auch die Umsätze.

Wird dagegen von Anfang an offen und transparent kommuniziert, fühlen sich die Mitarbeiter in den Prozess involviert. Auf diese Weise können sie die Änderungen Schritt für Schritt verfolgen und mitgehen, was sich positiv in Hinblick auf Zeit, Unternehmenskultur und das Unternehmensimage auf den gesamten Veränderungsprozess auswirkt.


Gibt es Kommunikationsinstrumente, die Sie unterstützend empfehlen können?


Je nach Führungskultur konzentriert sich bei vielen Unternehmen die Hauptverantwortung bei den Führungskräften. Meistens stehen sie in ihren Positionen alleine da. Daher empfehle ich jeder neuen Führungskraft, sich eine neutrale Person an die Seite zu holen, mit der sie sich über die Veränderungen und ersten Schritte in der Führungsrolle immer wieder austauschen und reflektieren kann.

Sich als Führungskraft dazu grundsätzlich mit dem Thema Kommunikation zu beschäftigen, wie z.B. die unterschiedlichen Ebenen der Kommunikation und die Kommunikationsmodelle von Schulz von Thun, um einzelne Kommunikationsmomente besser zu verstehen und Missverständnisse zu vermeiden, ist für mich ein weiterer Schritt für ein gutes Miteinander.

Als weitere gute Instrumente sehe ich den regelmäßigen Austausch mit den Mitarbeitern in einer gelebten Meetingkultur und angenehmer Umgebung. Grundsätzlich ist es wichtig, alle am Wechsel Beteiligten ernst zu nehmen, ihnen aktiv zuzuhören, und sich vor allem Zeit für sie zu nehmen. Lieber Fragen stellen anstatt Annahmen zu treffen, egal wie gut man sich bereits kennt. Auch nach 20 Jahren entstehen noch die lustigsten Überraschungsmomente, wenn man immer nur vermutet hat, was der andere denken und meinen könnte.


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