Trotz vorhandener Engpässe innerhalb vieler Berufsgruppen und Regionen straucheln viele Unternehmen noch in ihrer strategische Personalarbeit. Eine repräsentative Vorausschau über anstehende Personalengpässe, Nachwuchs- und Fachkräftebedarf, Fluktuation und Pensionierungen erarbeiten nur die wenigsten Unternehmen. Immerhin betreiben rund die Hälfte der vom Fachkräftemangel betroffenen Unternehmen eine strategische Personalplanung, nicht betroffene Unternehmen dagegen nur zu 36 Prozent.
Mit der Studie “Wie Unternehmen trotz Fachkräftemangel Mitarbeiter finden” haben die Jobplattform Indeed und das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) gezeigt: Je größer Unternehmen sind, desto mehr unterschiedliche Recruiting-Kanäle für Fachkräfte nutzen sie. Das Ziel sollte es aus unserer Sicht allerdings sein, gerade den kleinen und mittelständischen Unternehmen Tipps an die Hand zu geben, wie sie ihr Recruiting von besonders gefragten Kandidaten verbessern können.
Die vier Empfehlungen, die Indeed aus dieser Studie ableitet, möchten wir Ihnen KMU-freundlich übersetzen.
1. Empfehlung: Online-Recruiting beginnen und ausbauen
Auch wenn wir vielfach um kostenpflichtige Online-Stellenanzeigen nicht herumkommen, sollten Sie gerade mit einem Unternehmen im ländlichen Raum digitale Möglichkeiten nutzen, um Ihre Stellenausschreibung bekannt zu machen. Denn: Jobsuche findet heute online statt. 90 Prozent der Deutschen sind online (Statistisches Bundesamt 2018) und damit genau hier leichter anzutreffen als irgendwo sonst. Andersherum werden gefragte Fachkräfte keine großen Recherchebemühungen unternehmen, wenn sie wechselwillig sind und ein neues Wirkungsfeld suchen. Ein Job, der online nicht auffindbar ist, existiert für sie nicht.
Städte sind zwar attraktiv, aber tatsächlich wollen gar nicht alle Jobinteressenten in der Stadt arbeiten. Nur wenn die Stellen eines Unternehmens vom Land im Internet nicht zu finden sind, müssen sich potenzielle Bewerber zwangsläufig Richtung Stadt orientieren. Machen Sie sich also online sichtbarer!
Wenn Sie keine eigene Karrierewebseite besitzen, können Sie Ihre Stellenanzeigen kostenlos direkt bei Indeed schalten. Außerdem – parallel dazu – ist es wertvoll für alle Interessengruppen, Mitarbeiter, wie Kunden, Lieferanten wie Multiplikatoren, wenn Sie die sozialen Medien nutzen.
2. Empfehlung: Zielgruppe besser kennen lernen
Weniger als ein Viertel der befragten Unternehmen (23 %) nutzen eine Recruiting-Ansprache, die ihren Wunschkandidaten entspricht. Dabei bewerten sieben von zehn Unternehmen eine zielgruppendefinierte Ansprache als erfolgversprechend.
Haben Sie sich schon einmal gefragt – ähnlich wie bei der Bestimmung Ihrer Zielkunden – welche Bedürfnisse, Beweggründe und Prioritäten Ihre Wunschkandidaten haben? Welche Arbeitsbedingungen, welche Unternehmenskultur und welche Rahmenbedingungen suchen Ihre Kandidaten? Erst wenn Sie den genauen Bedarf verstehen, können Sie im nächsten Schritt diese Faktoren auch kommunizieren.
3. Empfehlung: Benefits transparent kommunizieren
Über die Hälfte der Unternehmen bieten stark gesuchten Fachkräften besondere Anreize wie Work-Life-Balance (56 %), nichtmonetäre Anreize (58 %), monetäre Anreize (53 %) oder Unterstützung bei einem Umzug (48 %). Bieten Sie solche Anreize auch? Wie erfahren Ihre Kandidaten davon? Nach der Untersuchung machen nur 26 Prozent der befragten Unternehmen diese Anreize öffentlich, 13 Prozent sogar erst, wenn die Kandidaten aktiv danach fragen. Ich denke, grundsätzlich sollten Unternehmen aktiv auf Bewerber zugehen.
Darüber hinaus können Sie den Kreis Ihrer Kandidaten erhöhen, wenn sie attraktiv für Mütter, für Senioren, für Migranten und weitere Zielgruppen werden, für die eine Work-Life-Balance zentral ist. Gerade diese Zielgruppen bewerben sich oft gar nicht erst auf eine Stelle, wenn nicht direkt ersichtlich ist, dass eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder weiterer persönlicher Faktoren möglich ist.
4. Empfehlung: Mut und Flexibilität zahlen sich aus
Prüfen Sie einmal, ob Sie dem Mangel an Fachkräften mit mehr Kreativität, Flexibilität und Mut entgegentreten können.
26 Prozent der befragten Unternehmen werben aktiv Fachkräfte aus der EU oder Drittstaaten an. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des hohen Bedarfs an qualifizierten Fachkräften ist das ein geringer Anteil. Dabei sind 56 Prozent der Firmen mit diesen Recruiting-Maßnahmen erfolgreich. Und es geht nicht darum, Englisch zur unternehmerischen Amtssprache zu machen, sondern grundsätzlich offen für internationale Fachkräfte zu sein. By the way: Fachkräfte, die international arbeiten, sind meist auch offen dafür, neue Sprachen zu lernen. Sprachkurse, aber auch Weiterbildungen zum Erwerb der benötigten Zertifikate in Deutschland sind ein guter Anfang.
Teilweise hilft auch die Auflockerung der Präsenszeit im Büro: Homeoffice an einem Tag pro Woche oder anteilig für einen bestimmten Stundenumfang anzubieten, erleichtert Pendlern die Entscheidung für die Stelle. Aber auch die Option, Coworking Spaces zu nutzen, setzt neue Impulse und offenbart die Bereitschaft zum Netzwerken und zum Über-den-Tellerrand-Blicken.