Wie können Führungskräfte gesund ihre Performance steigern?

Sebastian Mauritz, M.A. (Master in Systemischer Beratung) gehört zu den führenden deutschen Resilienz-Experten und leitet die Resilienz-Akademie. Er ist mehrfacher Fachbuchautor, Keynote-Speaker und hat einen Lehrauftrag für Resilienz und gesunde Führung an der Universität Göttingen. Ab 2019 promoviert er zum Thema „Entwicklung proaktiver Resilienz“.

Der gekonnte Umgang mit Stress gehört zu den wichtigsten Führungskompetenzen. Wie können belastete Führungskräfte diese gelassene Haltung lernen?


Mein Lebensmotto und auch eine Kernthese in meinem neuen Buch lautet: „Was immer Du tust, tue es aus einem guten Zustand heraus.“ Wenn ich das zu Beginn eines Führungskräfte Trainings mit den Teilnehmenden bespreche wird schnell klar, das scheint für viele eine Fiktion, da für sie momentan die Realität noch sehr belastet ist. In drei Schritten gehe ich dann mit zu mehr Gelassenheit, wohlig gefordert und kraftvoll entspannt.


Der erste Schritt ist dabei Wahrnehmung – sich selbst und andere wahrnehmen, verstehen und einordnen können. Wahrnehmung kann jeder lernen, wobei es hier primär um die körperlichen Rückmeldungen des eigenen Körpers bei Stress geht und die Stimmungen und Emotionen der Mitarbeitenden.

Der zweite Schritt ist dann die Reflektion, wie es zu diesem Stress und auch zu den emotionalen Rückmeldungen anderer kommt. Wer trägt für was die Verantwortung, wie kann das geklärt und verändert werden und was könnten Veränderungen für Auswirkungen haben, sind typische Reflektionsfragen.

Der dritte Schritt sind dann Veränderungen, die meistens in der Kommunikation oder auch im Bereich der eigenen Prioritätensetzung gemacht werden. Hierbei spielt nicht nur Regeneration eine wichtige Rolle, sondern auch zielorientierte und kongruente Kommunikation. Hauptstressor gerade in so genannten Sandwich-Positionen sind die vielen Sichtweisen, die eine Führungskraft mit in die Kommunikation mitbringt. Hier sind Ambivalenzen an der Tagesordnung. Was hilft ist die so genannte Zwickmühlenkommunikation, die nicht nur kongruent alle Standpunkte einer Führungskraft kommunizieren lässt, sondern gleichzeitig auch bei den Anwesenden alle relevanten Aspekte und Ambivalenzen erfragt.


Was bewirkt ein resilienter Vorgesetzter bei seinem Team?


Schaut man in die Geschichte des Menschen, so wird klar, dass wir nur in Gruppen überleben konnten. Das Single-Leben war über Jahrtausende hinweg einfach tödlich. In Gruppen waren wir stärker und konnten in der feindlichen Umwelt leben, uns entwickeln und waren aber stets auf der Hut vor den Gefahren, die die Gruppe bedrohte. Heute heißt das, dass unsere Führungskräfte immer noch eine mehr oder weniger bewusste Vorbild-Funktion haben.


Am Verhalten der Führungskraft orientieren sich Teams. Ist die Kommunikation gut, wird ein fairer Umgang gepflegt und bei Stress sofort für Transparenz, Sicherheit und Klarheit in der Verantwortung gesorgt, dann ist die Teamperformance besser.


Resilienz im Arbeitsalltag ist das, was einer Führungskraft hilft, kraftvoll mit Stress, Problemen und Krisen umzugehen. Das Verhalten wird in aller Regel vom Team erkannt und in aller Regel damit auch eher von anderen übernommen.



Der allgemeine Workload kann kaum wegdiskutiert werden. Wo kann eine Führungskraft ansetzen, um ihr Team zu entlasten?


Dazu helfen drei Buchstaben: PSS. P steht hierbei für Prioritäten, die oftmals nicht klar kommuniziert sind. Prioritätszwickmühlen gilt es jeden Tag zu lösen, weil in der Regel die Menge an Arbeit, Emails und sonstigen Anforderungen bei weitem über das hinausgeht, was ein Team zu leisten im Stande ist. Das erste S steht für Singletasking, das heißt Zeiten, in den Menschen ungestört arbeiten können. Wenn eine Führungskraft dafür Verständnis und auch Strukturen schafft, dann können wichtige Projekte abgearbeitet werden und das Tagesgeschäft von produktiven Phasen unterschieden werden. Gerade das Thema Deep Work zeigt hier die Wichtigkeit von Phasen ungestörten Arbeitens deutlich auf. Das zweite S steht für Stärken, bzw. Schwächen.


Gute Führungskräfte wissen um die Stärken und Schwächen ihrer Mitarbeitenden. Sie schaffen einen offenen Austausch über die eigenen Stärken und Schwächen und schaffen es so, alles Aufgaben an die Mitarbeitenden zu verteilen, die optimal dafür geeignet sind.


Welche Art der Führung bzw. Teamprozesse können Ihrer Meinung nach die Produktivität nachhaltig verbessern?


Produktivität hat eine große Menge an relevanten Faktoren und ist teilweise von Team zu Team unterschiedlich. Was alle Teams gemeinsam haben ist der Umgang mit Sinn und Sicherheit. Führung hat immer auch eine Art Marketingaufgabe für den Sinn der Arbeit jedes Einzelnen und auch des gesamten Teams. Sinn ist eine der wichtigsten Triebkräfte für Menschen und lässt sie kraftvoll erblühen. Dabei geht es auf dem Weg zum Sinn und zur Zielerfüllung um Sicherheit. Es muss okay sein, Fehler zu machen, etwas Dummes zu fragen oder auch zu scheitern. Wenn das erlaubt ist, dann gelingt die Kooperation und Teams schaffen deutlich mehr, als jedes einzelne Mitglied allein schaffen würde.

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