Wie viel Charakterstärke braucht Führung?

Lange Zeit konnte ich gar nicht benennen, was früher für mich an dem einen oder anderen Führungsverhalten faul war. Doch wenn ich heute in meiner eigenen Geschichte zurückblicke oder mich in einigen Firmen umsehe, wird es mir deutlich. Hinter mangelnder Fehlertoleranz, unerwünschtem 360°-Feedback, dem Kleinmachen, Ausweichen bzw. Wegwischen von konstruktiver Kritik und sicherlich vielen weiteren Verhaltenssymptomen steckt Feigheit. Eine Angst, mit der von der jeweiligen Person nicht offen umgegangen wird, die vorsätzlich versteckt gehalten werden soll. Denn Angst ist ja unsexy. Angst ist der Gegenpol von Stärke und Macht, zumindest wird das vielerorts so gesehen. Und diese Haltung wurde und wird seit Jahrzehnten in der Mehrheit der Unternehmen gelebt – besonders von der Unternehmensspitze. Und vielleicht gibt es Menschen, für die dieses Gehabe für die Unantastbarkeit der Person und deren Würde steht. Würde diese Denkhaltung nur nicht hinken...


Mut zur Angst


Dieser kurze Impuls steht an meinem Visionboard, aufgeklebt neben vielen anderen Denkanstößen, Ermutigungen, erfolgsgekrönten Fotos und bildgewordenen Sehnsüchten. Er soll ausdrücken, dass wir uns trauen dürfen, uns bewusst mit unseren Ängsten auseinanderzusetzen. Meine Erfahrung ist: Einmal erkannt, sind sie gar nicht mehr so schreckeinflößend. Und zu guter Letzt können wir uns ja immer noch das worst case Szenario, also die am schlechtesten vorstellbaren Konsequenz, aus sicherer Entfernung anschauen.


Bei den Verantwortungsträgern trennen sich hinsichtlich derer gelebten Eigenschaften Welten zwischen der unterdrückten und der ‚bewusst behandelten’ Angst. Die Einen, die keinen Widerspruch dulden und jedwedes Engagement um sich herum früher oder später ersticken. Und die Anderen, die sicherlich nicht alle Ängste offen und mit jedem diskutieren, die wohl aber willens und imstande sind, sich mit ihren unangenehmen Gefühlen, Befürchtungen und (aus meiner Sicht am gemeinsten) Denkmustern, die sich aufgrund persönlicher Erfahrungen selbst zusammenstricken, auseinanderzusetzen. 


Bleiben also die Fragen nach der Akzeptanz und Loyalität solcher Vorgesetzter. Was glauben Sie, wie unsere beschriebenen Beispiele abschneiden?


Natürlich spüren Mitarbeitende, Untergebene und andere Kontakte, wenn etwas nicht stimmt. Je nachdem, ob jemand Reflektiertes oder aber sehr ähnlich Agierendes dem Verantwortungsträger gegenübersteht, wird der Klärungsprozess kürzer oder länger dauern. Aber er passiert. Denn wir sind Menschen mit Intuition. Und am ehesten sagt uns unsere Intuition, wem wir vertrauen können und von wem wir uns besser fernhalten.
Dumm nur, dass die Vorgesetzten in den meisten Betrieben und Organisationen nicht abgewählt werden können.


Loyale Führung zeigt Haltung


Die von mir im Titel benannte Charakterstärke fußt auf etwas viel Größerem, nämlich auf der zugrunde liegenden Haltung. Ohne Haltung prägt sich auch kein Charakter. Für eine Führungskraft, die ihrer Bezeichnung alle Ehre macht, steht regelmäßige Selbstreflexion auf der To-do-Liste. Sie positioniert sich mit klaren Entscheidungen und kongruentem Verhalten und fordert auch ihre Mitarbeitenden zu klarer Positionierung auf. Das impliziert, dass sie gewillt ist, sich mit anderen Perspektiven, Meinungen und auch grundsätzlichen Haltungen zu beschäftigen, wenn es dem Wohle des Unternehmens und aller Mitarbeitenden dient.

Demzufolge ist es natürlich eine Führungsaufgabe, feiges, also ausweichendes Verhalten innerhalb des Teams zu identifizieren und zu kritisieren. Indem sie ihre Mitarbeitenden durch ihre eigene Motivation (Wollen) und ihre Führungskompetenz (Können) führen, gewinnen Führungskräfte die emotionale Akzeptanz ihrer Mitarbeitenden – und durch diese vertrauensstiftende Sicherheit erfahrungsgemäß auch die nachhaltige Loyalität.


Führungsfazit:


Mitarbeiterführung und Verantwortung sind untrennbar miteinander verbunden. Wer Verantwortung scheut, wird zur charakterschwachen Führungskraft. Sich die Auswirkungen des eigenen Handelns und das Unterlassen desselben bewusst zu machen, kann vor Charakterschwäche schützen. Die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen fördert die Akzeptanz der Mitarbeitenden. 
Zuletzt ist charakterschwaches Führungsverhalten nicht nur eine Frage der Führungspersönlichkeit, sondern unterliegt auch dem Einfluss der gelebten Unternehmenskultur: Umgang mit Fehlern, Belohnung oder Sanktionierung von Ehrlichkeit, Fördern oder Behindern von Offenheit, Schaffen von Vertrauens- oder Misstrauenskultur.


Früher Chef, heute Mensch


Gute, erfolgreiche und loyale Führung ist Kompetenz kombiniert mit emotionaler Intelligenz. Genau diese Erfolgsfaktoren schulen wir in unserem neuen, sechsmonatigen Weiterbildungsprogramm in sicherer Atmosphäre. 


Vier Trainer, sechs Präsenzveranstaltungen, Planspiel ‚Führung im Alltag’ (Schirrmacher Group) und persönliches DNLA-Gutachten mit Potenzialanalyse, individuelles Einzelcoaching und Qualitätszertifikat ‚Loyal (ge-)führt!’


Termine: donnerstags 28.05.2020, 25.06.2020, 27.08.2020, 24.09.2020, 29.10.2020, 26.11.2020
Veranstaltungsort: Hotel FREIgeist, Am Gesundbrunnen, 37154 Northeim
Kosten: regulär 3.890,00 €, Early Bird Tickets 3.590,00 € bei Anmeldung bis 29.02.2020

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