Führungsfrauen sind noch immer stark unterrepräsentiert
Die Zahlen sprechen für sich: Trotz voranschreitender Gleichberechtigung kann in aktuellen Statistiken die Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen nachgewiesen werden. In den Vorständen der größten deutschen Unternehmen ist nur jede dritte Führungskraft weiblich.
Dies liegt zwar über dem europäischen Durchschnitt, verdeutlicht jedoch den dringenden Handlungsbedarf. Noch dramatischer ist die Situation in mittelständischen Unternehmen mit 51-100 Mitarbeiter*innen. Hier übersteigt die Frauenquote nicht einmal 15% (Statista, 2018).
Woher kommt dieser niedrige Frauenanteil in Führungspositionen?
Es gibt viele Erklärungsansätze, die sich mit Chancenungleichheiten von Männern und Frauen beschäftigen. Eine Erklärung ist das Bestehen von Stereotypen: In den Überzeugungen vieler Menschen sind oftmals unbewusste Stereotype gegenüber Frauen verankert. Demnach konnte in vielen Studien festgestellt werden, dass Frauen noch immer den kommunalen Eigenschaften (Fürsorge und Fairness) und Männer den agentischen Verhaltensweisen (Autorität und Durchsetzungsfähigkeit) unterliegen. Bei einer oft männlich zugeordneten Form von Führung kommt es durch das Abweichen der weiblichen Geschlechterrolle dann zu Nachteilen der Frauen (Salin, 2020).
Welche Gründe sprechen für mehr Diversität in Unternehmen?
Die Gleichstellung von Frauen und Männern wird leider immer noch häufig als ein untragbarer Kostenfaktor und somit Hemmschuh betrachtet. Aus den vielschichtigen Gründen ist eine Geschlechtergleichstellung – nicht nur rechtlich und moralisch, sondern auch ökonomisch – ein wahrer Erfolgsfaktor. Hier möchte ich Ihnen einige vorstellen:
1. Steigerung der Vielfalt und Kreativität
Gemeinsam mit einem passenden Management sind heterogen zusammengesetzte Gruppen kreativer, innovativer und kommen zu tragfähigeren Problemlösungen. Es kommt durch neue Einflüsse und Denkweisen zu einer moderneren Unternehmenskultur.
2. Employer Branding
Unternehmen, die Chancengleichheit realisieren, haben bessere Chancen am Arbeitsmarkt. Sie stellen sich so als innovativer Arbeitsgeber dar und gewinnen leichter neue qualifizierte Mitarbeiter*innen.
3. Großes Potenzial hoch qualifizierter Frauen
Frauen sind leistungsstark, karriereorientiert und stellen seit vielen Jahren die Mehrheit der Hochschulabsolventen dar. Damit können gerade weibliche Fach- und Führungskräfte bestehende Personalengpässe aufheben.
4. Motivationssteigerung
Durch die Vermeidung von mittelbarer oder unmittelbarer Diskriminierung fühlen sich Mitarbeiter*innen wertgeschätzt und als Menschen anerkannt – in Folge steigert das die Motivation und Leistung (Tonn, 2016).
Mit welchen Maßnahmen kann die Frauenquote in Unternehmen erhöht werden?
Es gibt eine große Bandbreite an Maßnahmen und Ansatzpunkten für eine höhere Frauenquote in Unternehmen. Insbesondere Maßnahmen zur Motivierung greifen hier, weil bei Frauen das Führen von Menschen viel stärker auf intrinsischer Motivation, auf deren Wollen, aufbaut. Obwohl Frauen grundsätzlich Freude an der Führung haben, überwiegt in vielen Fällen die Angst vor potenziellen negativen Konsequenzen oder Misserfolgen. Wir sehen das in dem hohen Eigenanspruch begründet, aber auch aus Angst vor Diskriminierung und Ausgrenzung aus dem zumeist männlichen Führungskreis. Der Abbau solcher Vermeidungstendenzen ist ein sinnvoller Ansatzpunkt für die Förderung weiblicher Führungskräfte (Elprana, Hernandez & Pundt, 2016).
Neben der Führungsmotivation von Mitarbeiterinnen setzt die nächste Intervention an der Führungskompetenz – dem Führen können – an. Um eine gute Führungskraft zu sein, sollten besonders die sozialen und methodischen Kompetenzen geschult werden. Dafür bietet sich zum Beispiel die DNLA-Potenzialanalyse an: Mit dem Erfolgsprofil Soziale Kompetenz (ESK) können die Schwächen und Stärken in Kommunikation und Umgang gemessen werden. Auf dieser Basis kann sehr individuell geschult und weitergebildet werden.
Mit dem Führen dürfen beschäftigt sich eine weitere Maßnahme, die sich mit den organisationalen Rahmenbedingungen auseinandersetzt. Eine Frau, die motiviert ist und über entsprechende Führungskompetenzen verfügt, kann durch das Fehlen verschiedener Rahmenbedingungen, wie Kinderbetreuungsangebote oder einer unfairen Personalauswahl gehindert werden, Führungskraft oder Unternehmerin zu werden (Elprana, Hernandez & Pundt, 2016). Hier kann ganz gezielt auch strukturell angesetzt werden, indem Unternehmen sich mehr sozialer Verantwortung verpflichtet sehen und entsprechende Rahmenbedingungen für Kinderbetreuung, Pflege, Haushaltsorganisation etc. schaffen.
Quellen:
Statista (2018). Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland nach Anzahl der Mitarbeiter im Unternehmen im Jahr 2018. Zugriff am: 26.03.2020. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/182510/umfrage/frauenanteil-in-fuehrungspositionen-nach-unternehmensgroesse/.
Salin, Denise. (2020). ´Competent´or ´Considerate´? The Persistence of Gender Bias in Evaluation of Leaders. Nordic Journal of Working Life Studies, 10, 59-78.
Tonn, J. J. (2016). Frauen in Führungspositionen – Ursachen der Unterrepräsentation weiblicher Führungskräfte in Unternehmen. (Veröffentlichte Dissertation). Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Elprana, G., Hernandez, A. & Pundt, L. (2016). Frauen in Führungspositionen. In Felfe, J& Dick, R. (Hrsg.), Handbuch Mitarbeiterführung (S. 183-198). Heidelberg: Springer.