Die Rückgewinnung von Mitarbeitern ist sicher ein Stück Arbeit, doch rückblickend oft die richtige Entscheidung.
Mitarbeiterrückgewinnung erfordert ganz besonderes Fingerspitzengefühl. Wenn man nicht wirklich weiß, warum ein langjähriger, wichtiger Mitarbeiter plötzlich das Weite sucht, macht man sich als Arbeitgeber erst einmal resigniert Vorwürfe: „Was habe ich nur falsch gemacht?“ Oder man reagiert gleichgültig: „Wer nicht will, der hat schon!“ Doch anstatt direkt einen neuen Mitarbeiter zu suchen… Wäre es nicht viel einfacher, in die Offensive zu gehen und den alten Kollegen zurück zu gewinnen? Das erspart Ihnen eine Menge Einarbeitungszeit und damit Tausende von Euro:
Bevor Sie Ihren Mitarbeiter nach den Gründen für die Kündigung fragen, versuchen Sie sich selbst an mögliche, Erlebnisse zu erinnern oder ausschlaggebende Faktoren auszumachen (z.B. zu viel Stress, zu wenig Lob bzw. zu viel Kritik, zu viele Überstunden, zu wenig Gehalt, unvorhersehbare Arbeitszeiten oder sogar Mobbing, Belästigung). Vielleicht haben Sie Mitarbeiterbefragungen durchgeführt, aus denen sich Signale herauslesen lassen. Schauen Sie auch in Bewertungsportale wie kununu, was Mitarbeiter dort über Ihre Firma schreiben.
Haben Sie die Abwanderungssignale identifiziert, sollten Sie zeitnah mögliche Maßnahmen zur Abschaffung der Probleme ergreifen, wenn Sie Ihren Mitarbeiter halten wollen. Wichtig ist: Legen Sie die Liste der Abwanderungssignale nicht final ab, sondern behalten Sie sie griffbereit. Sie wird sich im Laufe der Zeit verändern, da sich auch der Markt, die Mitarbeiter und und die Ansprüche verändern. Einmal erstellt, bleibt sie ein Hinweisgeber auch für andere Fälle.
Doch der Verlust eines Mitarbeiters muss nicht grundsätzlich mit dem eigenen Unternehmen zu tun haben. Es können auch familiäre Gründe, ein Umzug oder eine generelle berufliche Neuorientierung zur Abwanderung führen.
An dieser Stelle haben Sie sicher schon abgewogen, ob es bei dem betreffenden Mitarbeiter sinnvoll ist, ihn von der Abwanderung abzuhalten oder ob sich der Aufwand am Ende gar nicht lohnt. Das merken Sie insbesondere, wenn Ihr Mitarbeiter schon gegangen ist: Fehlt sinnbildlich eine Schraube im Getriebe oder läuft der Laden weiter rund? War der Mitarbeiter ein großer Umsatzbringer, hatte ständig neue Ideen? Oder hat er ohnehin nur seine Zeit abgesessen und Dienst nach Vorschrift gemacht? Wird er Ihrer Firma schaden wollen oder den guten Ruf der Firma ausbauen? War er ständig „montagskrank“ oder immer der Erste im Büro?
Nach dieser Vorabrecherche sollten Sie Ihren Kandidaten direkt nach den Gründen für seine Kündigung fragen, am besten im persönlichen Gespräch. Auch wenn das anstrengend ist, Unvoreingenommenheit, Konzentration und Spontaneität fordert. Mit Ihrer umgehenden Reaktion können Sie Rückübernahme-Angebot unterbreiten und miteinander diskutieren. Hier werden Sie hauptsächlich Zuhörer sein und Ihren ehemaligen bzw. Noch-Mitarbeiter so viel wie möglich reden lassen. Und natürlich ist es legitim, aktiv danach zu fragen, unter welchen Voraussetzungen er sich eine Rückkehr vorstellen kann.
Der ganze Prozess könnte natürlich auch schriftlich erfolgen, ist dann aber weit unpersönlicher und damit unverbindlicher - und dauert deutlich länger und ist mit mehr Aufwand für beide Seiten verbunden.
Der wichtigste Punkt für Arbeitnehmer ist: Sie möchten sich verstanden fühlen. Und verstehen kann man als Chef nur, wenn man aktiv zuhört. Nur wenn Ihr Angestellter zufrieden ist, wird er das Unternehmen auch weiterempfehlen und Ihnen so zu mehr Kunden oder weiteren guten Angestellten verhelfen.
Selbst wenn der Mitarbeiter nicht wiederkommt, können Sie aus seinen Rückmeldungen Schlussfolgerungen für den Umgang mit Ihren verbleibenden und zukünftigen Mitarbeitern ziehen. Das Feedback des verabschiedeten Mitarbeiters ist sehr wertvoll und sollte Ihre höchste Beachtung erhalten. Hieraus lernen Sie wahrscheinlich mehr als aus den meisten üblichen Mitarbeitergesprächen. Ihr Interesse muss es sein, die allgemeine Arbeitssituation in Ihrer Firma, wo möglich, zu verbessern, um zukünftig nicht noch mehr Leute zu verlieren!
Zurückgewonnene Mitarbeiter sind in Zukunft besonders loyal und somit gute Empfehler – und gleichzeitig Ihre konstruktivsten Kritiker, die Ihr Unternehmen nur noch besser machen. Denn mit ihnen ist es Ihnen gelungen, eine Gesprächsbasis auf Augenhöhe zu schaffen. Das ist das Fundament für ehrliche Bekundungen und aufrichtige Verbesserungsvorschläge. In ihnen haben Sie wichtige "Aufpasser" für Ihr Unternehmen gewonnen.
Die Wahrscheinlichkeit, Ihren Mitarbeiter zurückzugewinnen, steigt, je mehr Sie seine Erwartungen übertreffen. Dabei geht es nicht nur ums Geld! Überlegen Sie sich, was Ihren Mitarbeitern gut tun würde. Inspiration dafür erhalten Sie zum Beispiel in meinen „Gute-Nacht-Erfolgsgeschichten“.
Wie Sie sehen, steckt viel Potenzial in der Mitarbeiterrückgewinnung. Wichtig ist, dass Sie die Abwanderungsgründe erkennen, beobachten und nach Möglichkeit abstellen. Gehen Sie dabei strategisch vor und überprüfen Sie Ihre nachgelagerten Bindungsmaßnahmen kontinuierlich. Und genauso wichtig ist es zu erkennen, wann Festhalten keinen Sinn ergibt. Haben Sie alles versucht und Ihr Mitarbeiter möchte nicht bleiben oder zurückkommen, heißt es: loslassen!