Loyale Führung - gibt es die?

Bedingungslose Loyalität, sozusagen Nibelungentreue, gibt es nicht. Sie widerspricht der Idee der Loyalität an sich. Stellen wir uns ein Ehepaar vor, das glücklich zusammen ist und dennoch im Alltag immer mal wieder in Konflikt miteinander kommt. Es kann Streit über Situationen und Ansichten geben. Dennoch sind sich beide darüber einig, dass sie zwar bedingungslos zueinander stehen, dafür aber nicht ihre eigenen Überzeugungen aufgeben müssen.


So ist es auch mit der Loyalität bei Führungskräften gegenüber dem Unternehmen und den Mitarbeitern. Kritikpunkte müssen angesprochen werden, auch wenn es schmerzt. Wichtig ist hierbei, ein konkretes Fehlverhalten von der betroffenen Person getrennt getrennt zu betrachten, um gut zu führen. Und natürlich auch andersherum. Wird die Führungskraft kritisiert, liegt es an ihr, das eigene Verhalten zu überprüfen, möglichst ohne die Sache persönlich zu nehmen. Von gelebter Loyalität können wir sprechen, wenn konstruktiv kritisiert, wenn ergebnisoffen diskutiert und gestritten werden darf, ohne das große Ganze in Frage zu stellen. Das bedeutet gleichzeitig ein Höchstmaß an Wertschätzung.

Auch im Arbeitsleben bedeutet Loyalität, die eigenen Überzeugungen oder Interessen hinter die des Unternehmens zu stellen, in dem man arbeitet. Allein diese Tatsache stellt in bestimmten Situationen einen Konflikt dar. Einen solchen Interessenkonflikt jedoch wegzudiskutieren oder auszublenden, wäre unehrlich. Deshalb kann Loyalität nur funktionieren, wenn eines besteht: Vertrauen.


Leider ist es selten der Fall, dass die Identifikation gegenüber dem Unternehmen zu 100 Prozent ausgeprägt ist. Loyales Verhalten unterliegt also bestimmten Kompromissen, die gerade für Führungskräfte oft eine Gradwanderung bedeuten.


Bevor wir uns damit befassen, schauen wir uns auf das Unternehmen bezogen unterschiedliche Ausprägungen der Loyalität an.


Loyalität gegenüber dem Unternehmen
Für Unternehmen ist diese Form der Loyalität von herausragender Bedeutung. Denn sie bedeutet, dass die Mitarbeiter im Unternehmen bleiben, und zwar selbst dann, wenn sie sich nicht mit allen Aspekten des Firmenleitbildes identifizieren können. Sogar wenn die persönlichen Wertvorstellungen und/oder die persönlichen Interessen denen des Unternehmens entgegenstehen, setzt sich die Loyalität in der Praxis durch.


Loyalität gegenüber der Führungskraft
Führungskräfte, die die Abwesenheit von Loyalität schon einmal erlebt haben, wissen sofort, was gemeint ist. Es geht um die Unterstützung der eigenen Arbeit durch die Mitarbeiter, um deren Anerkennung und Wertschätzung. Ist auch nur ein Teammitglied nicht loyal, befindet sich das ganze Konstrukt in Gefahr.


Loyalität gegenüber dem Team
Ob Abteilungen, Fortbildungen oder Brainstormings: Loyalität gegenüber einem Team bedeutet, sich den Zielen der Gruppe unterzuordnen und dabei die eigene individuelle Leistung ohne Anspruch auf Gegenleistung einzubringen. Die Motivation für den persönlichen Einsatz kommt aus der inneren Überzeugung zustande.


Loyalität gegenüber den Mitarbeitern
Auch und besonders eine Führungskraft muss Loyalität gegenüber dem Unternehmen und dem Team mitbringen. Fehlt ihr eine der oben erläuterten Ausprägungen von Loyalität, brauchen wir uns über Loyalität gegenüber den Mitarbeitern gar nicht erst zu unterhalten. Für eine effektive Zusammenarbeit ist diese praktisch die Voraussetzung.


Damit sind wir bei der Frage, wie das Zusammenspiel von Führungskraft und Mitarbeitern am besten funktioniert.
Auf die Loyalität einer Führungskraft gegenüber den Mitarbeitern kommt es dann besonders an, wenn die Harmonie nicht (mehr) stimmt. Hier zeigt sich durch die Art und Weise, wie die Führungskraft mit ihren Mitarbeitern umgeht, wenn diese Fehler machen oder die geforderte Leistung nicht erbringen. Es ist eine Frage der Zeit, bis Führungskräfte mit solchen Situationen konfrontiert werden. Jetzt liegt es an der Führungskraft, das kritikwürdige Verhalten zu benennen und zu analysieren, und gleichzeitig dem Mitarbeiter wertschätzend glaubhaft zu machen, dass zwar sein Verhalten im konkreten Fall unerwünscht ist, der Mitarbeiter auf dem Weg zur Korrektur aber gestützt und unterstützt wird.

 

Frage an Sie


Wie stehen Sie zur Loyalität? Ist sie in Ihrem Unternehmen ein Thema? Und wie gehen Ihre Mitarbeiter damit um? Verhalten sich Ihre Vorgesetzten Ihnen gegenüber loyal? Ich interessiere mich für Ihre Einschätzungen und praktischen Erfahrungen und würde mich über Ihre Rückmeldung sehr freuen.

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