Von Loyalität und Bindung profitieren alle

Wenn sich Angestellte mit ihrem Unternehmen identifizieren und ernst genommen führen, profitiert sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber. Leider verspüren immer noch viel zu wenig Beschäftigte Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber. Das belegen die Zahlen der jährlichen Gallup-Studie. Ich sehe den Grund dafür vielfach in der übersteigerten Leistungsorientierung. Ich glaube, dass die Führung vieler Unternehmen noch lernen darf, dass gesunde Rhythmen zwischen Leistung, Erholung und fachlicher, mentaler, sozialer Stärkung am besten für alle Beteiligten ist. Nicht selten sehe ich Unternehmen, die einerseits starken Wachstum forcieren und es auf der anderen Seite gar nicht schaffen, die Strukturen im gleichen Maße und in der entsprechenden Geschwindigkeit anzupassen.


Gallup unterteilt die befragten Arbeitnehmer klassisch in drei Gruppen: Zur ersten Gruppe gehören diejenigen Mitarbeiter, die eine hohe emotionale Bindung aufweisen und mit Herz, Hand und Verstand bei der Arbeit sind. Hierzu zählen gerade einmal 15 Prozent der Arbeitnehmer. Das Gros der Mitarbeiter findet sich in Gruppe Zwei wieder: 70 Prozent der Beschäftigten sind emotional gering gebunden und machen „Dienst nach Vorschrift“. Die restlichen 15 Prozent gehören zu den Arbeitnehmern, die gar keine emotionale Bindung zum Unternehmen aufweisen und praktisch innerlich schon gekündigt haben.


Hätten sie gute Führungskräfte, könnten deutsche Unternehmen nach Gallup 105 Milliarden € mehr Umsatz erzielen. So hoch sind die Verluste durch unzufriedene Mitarbeiter.


Außerdem werden von emotional gering gebundenen Mitarbeitern wichtige Wettbewerbsfaktoren beeinträchtigt: Fehlzeiten steigen, Produktivität, Rentabilität, Qualität und Kundenbindung gehen verloren. Logisch, denn Arbeitnehmer, die sich kaum oder gar nicht zugehörig fühlen, zeigen weniger Eigeninitiative, Leistungsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein – und sie schweigen häufiger zu Fehlentwicklungen. Jeder dritte Mitarbeiter verschweigt gegenüber seinem Vorgesetzen mindestens einmal jährlich schwere Bedenken. 


Wie lange Mitarbeiter ihrem Unternehmen treu bleiben und wie einsatzfreudig und produktiv sie sind, hängt gemäß Gallup in erster Linie vom Führungsverhalten ab. Davon bin ich auch überzeugt. Dennoch klaffen in punkto Führungsqualität die Wünsche der Mitarbeiter und die Wirklichkeit weit auseinander. Viele Chefs sind sich ihrer Defizite selbst allerdings kaum bewusst – 97 Prozent halten sich für eine gute Führungskraft. Dazu passt auch, dass nur rund 40 Prozent der Führungskräfte eine Weiterbildung besucht haben, die gezielt dem Umgang mit ihren Mitarbeitern und der Mitarbeiterkommunikation widmen. 


Nachholbedarf haben Führungskräfte vor allem, wenn es um Feedback geht. Es wird sich noch zu wenig gezielt unterhalten. Dabei kann der kontinuierliche Dialog zwischen Führungskräften und Mitarbeitern diese einsatzfreudiger stimmen und gleichzeitig deren emotionale Bindung und Loyalität erhalten bzw. erhöhen. Leider verfehlen die gefürchteten Mitarbeitergespräche oft ihr Ziel, die Arbeitsleistung nachhaltig zu verbessern: Nur knapp 38 Prozent der Befragten gaben an, dass die Mitarbeitergespräche ihnen helfen, die Arbeit besser zu machen.


Diejenigen Unternehmen, die sich intensiv Gedanken zur eigenen Führungs- und Unternehmenskultur machen und im Rahmen von 360° Feedback auch Verbesserungsvorschläge generieren, erarbeiten sich langfristige Vorteile. Und die Erhöhung der loyalen Mitarbeiter bewirkt eine positive Strahlkraft für das Unternehmen.


Aus meiner Sicht müssen beide, Mitarbeiter und Führungskräfte, sich mit ihrem Unternehmen identifizieren, um eine Arbeitsverbesserung, Mitarbeiterloyalität und nachhaltiges Unternehmenswachstum zu gewährleisten. Um diese Motivation zur Identifikation zu erhalten, unterstützen wir darin, die individuellen Leistungspotenziale der Mitarbeiter freizusetzen und tragen zur Entwicklung des Einzelnen bei. Gleichzeitig erhalten Vorgesetze einen gesicherten Überblick, was der eine oder andere Mitarbeiter besser kann und ihn dementsprechend einsetzen. Unterm Summenstrich: Bessere Qualität der Prozesse und der (gefühlten) Zusammenarbeit.

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